Buntabgleich

Farbabgleich muß nicht immer der Weißabgleich sein. Manchmal sollen auch bunte Farbflächen in Fotos aneinander angeglichen werden.

Foto: Bauabgleich
Blauabgleich eines „alten“ Fotos: vorher (links) und nachher (rechts)

Seit meinen Anfängen in der (digitalen) Fotografie fotografiere ich kleine elektronische Schaltungen und Basteleien immer vor demselben blauen Hintergrund. Das bedeutet nicht zwangsweise, daß die selbe blaue Pappe auf dem Foto auch immer den gleichen Blauton hat.

Bei aktuellen Fotos wird der notwendige Aufwand in der Lichtsetzung betrieben und der Weißabgleich mit einer Graukarte durchgeführt, so daß die Farbabweichungen minimal sind.

Das nützt allerdings nichts bei alten Fotos, bei denen sich dies nicht mehr ändern läßt.

Foto: Anzupassendes Bild
Anzupassendes Bild (HF-Sniffer): Das Rauschen und die abgesoffenen Tiefen werden nicht zu korrigieren sein. Die Farbe schon. Der Kreis markiert einen für die Hintergrundfarbe repräsentativen Bereich.

Das Foto des HF-Sniffers ist gleichzeitig ein Foto meiner ersten selbst entworfenen Leiterplatte und eines meiner ersten digitalen Fotos.

Als dieses Foto gemacht wurde, hatte ich noch nie von Hohlkehle und Graukarten gehört und kannte den Weißabgleich allenfalls aus der Bedienungsanleitung des Fotoapparates. Von einer soliden Beleuchtung ganz zu schweigen.

Foto: Bild mit Quell-Hintergrundfarbe
Farbquelle (USB-Isolator): Das anzupassende Bild soll später die gleiche Hintergrundfarbe haben

Das Foto des USB-Isolators ist etliche Jahre später entstanden. Der blaue Fotokarton, auf dem diese Schaltung liegt, ist aber immer noch derselbe (sicher aufbewahrt in einer lichtdichten Hülle).

Der Weißabgleich mit einer Graukarte und eine großflächige diffuse Beleuchtung sorgten dafür, daß der Farbeindruck des Bildes die Realität recht gut widerspiegelt.

Werden beide Bilder gemeinsam dargestellt, ist der Farbunterschied sehr störend.

Foto: Ergebnisbild
Ergebnisbild mit Farbkorrektur: Die dunklen Flächen haben es erstaunlich gut überstanden. Die Reflexionen sind ins Weiß überstrahlt, aber dennoch brauchbar.

Ein Abgleich von Farbwerten außerhalb der Grauwerte (der bekannte Weißabgleich) scheint bei keinem mir bekannten Bildbearbeitungsprogramm vorgesehen zu sein. Also ist ein wenig Handarbeit angesagt.

Der erste Schritt ist die Festlegung eines „repräsentativen“ Farbbereichs für die beiden anzugleichenden Bilder, sprich: Die Auswahl eines Bereichs des Hintergrund, der den gewünschten Farbton möglichst unverfälscht wiedergibt. In den Beispielbildern sind diese Bereiche durch einen schwarzen Kreis umrandet. Von diesen Bildbereich ist sind sowohl im Bild mit der Zielfarbe aus auch im Bild, das angepaßt werden soll, der Mittelwert zu bilden. In einem Zeichenprogramm wie GIMP oder Photoshop erreicht man dies, z.B. durch den Gaußschen Weichzeichner mit einem Radius, der mehrfach größer als der ausgewählte Bereich ist.

Der zweite Schritt besteht in der Umrechnung der beiden Farben in den HSV-Farbraum. Das Ergebnis sind zwei Vektoren für die ursprüngliche Farbe des Bildes („Ist-Farbe“) und für die Zielfarbe („Soll-Farbe“).

Daraus lassen sich die Multiplikationsfaktoren für jede Komponente berechnen, die die Soll-Farbe in die Ist-Farbe umrechnen:

Sind diese Multiplikationsfaktoren erst einmal bekannt, kann mit ihnen das gesamte Bild im HSV-Farbraum einfach umgerechnet werden. Das Ergebnis ist ein Bild mit einem „Buntabgleich“. Jetzt können beide Bilder nebeneinander dargestellt werden, ohne daß der Farbunterschied störend wirkt.

Damit das funktioniert, müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:

Da ich in keinem mir bekannten Bildbearbeitungsprogramm die passenden Einstellmöglichkeiten gefunden habe, ist ein kleines Matlab-Programm entstanden, mit dem sich der Abgleich vornehmen läßt. Das Verfahren sollte sich ähnlich in jeder anderen Programmiersprache (z.B. Python) umsetzen lassen.

Der Farbabgleich im HSV-Modell hilft selbstverständlich nicht gegen andere fotografischen Unzulänglichkeiten wie im Dunkeln abgesoffene Farben oder Rauschen. Selbstverständlich ergeben sich auch alle bekannten unangenehmen Effekte einer Kontrastspreizung. Er bietet aber die einfache Möglichkeit, alte Bilder farblich aneinander anzupassen.

Downloads

zip Matlab-Beispielprogramm mit Testbildern
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